Eigentlich roch alles nach einem unangenehmen Mandat. Mietmängel, Mietrückstände, Schadensersatzansprüche
und alles querbeet. Ich wurde mandatiert, als die Räumungsklage - garniert mit einigen weiteren
Ansprüchen - auf den Tisch flatterte.
Verfasserin der Klage: die Hausverwalterin höchstselbst.
Klägerin: auch die Hausverwaltung höchstselbst.
Määp! Erster Fehler- aber das kann ja mal vorkommen. In solchen Fällen kann nur der Vermieter selbst vorgehen. Der darf sich auch nicht durch die Hausverwalterin vertreten lassen. Gut, fürs erste lehnte ich mich entspannt zurück und ließ den Termin auf mich zukommen. Die Richterin erklärte der Gegenseite geduldig, was sie falsch gemacht hätte. Diese bat um eine Frist, in der sie das Ganze korrigieren könne. Sie führte auch aus, dass für so eine Kleinigkeit ein Rechtsanwalt ja viel zu teuer wäre. Ich hatte die Klage natürlich bis zu Ende gelesen und blieb weiterhin entspannt.
Innerhalb der Frist kam dann ein Schreiben auf einem Anwaltsbriefkopf, in dem der erste Fehler gerade gerückt wurde ... aber auch nur dieser. Neben äußerst ungelungenem Vortrag der Fakten wurde nämlich eine Räumung verlangt, ohne dass in irgendeiner Weise geltend gemacht wurde, dass das Mietverhältnis beendet sei. Solange ein Mietvertrag besteht, kann der Vermieter aber keine Räumung verlangen. Eine vorangegangene Kündigung hat es nicht gegeben. Also machte ich meine Arbeit und musste nicht mal tief in die Anwaltstrickkiste greifen. Dennoch wollte ich mal mit dem gegnerischen Kollegen Kontakt aufnehmen und schrieb ihn an... doch der Brief kam als unzustellbar zurück. Mhmm! Na gut, so wichtig war es auch nicht!
Es folgte ein weiterer Termin, allerdings ohne weitere Schriftsätze. Die Klage war also immer noch aussichtslos. Ich beschloss nur aus Respektsgründen nicht im Termin die Fingernägel zu feilen und wurde Zeuge eines besonderen Schauspiels. Es erschien tatsächlich ein Kollege in Begleitung der schon bekannten Hausverwalterin. Der Kollege schien den Vorgang wenn überhaupt nur rudimentär zu kennen. Er sagte schlichtweg nichts - nicht mal die üblichen Höflichkeiten und Schwätzereien, die man eben so austauscht.
Statt dessen übernahm die Hausverwalterin das Wort und ließ sich vom Gericht erklären, wie so ein
Prozess so abläuft und dass die Klage derzeit keinen Erfolg habe. Ich ließ nur kurz einfließen, dass mein
Versöhnungsgesuch an den Kollegen ohnehin zurückgekommen sei und ich vermutete, dass da was nicht
stimmte. Das könne gar nicht sein, fuhr daraufhin die Hausverwalterin hoch. Ich zeigte ihr den zurück
gekommenen Brief an den Kollegen und den Briefkopf. Wir stellten fest, dass die Angaben identisch waren.
Hausverwalterin: "Ach da haben wir einen Fehler gemacht!"
Ich: "Wir???"
Hausverwalterin: "Äh ja"
Richterin: "Wieso Sie? Das Schreiben ist doch vom Anwalt?"
Hausverwalterin: "Na ja, wir machen das für ihn"
Richterin: "Und wer hat hier unterschrieben?"
Hausverwalterin: ...
Richterin: "Von wem stammt hier die Unterschrift?"
Hausverwalterin kleinlaut: "Das war ich"
Es folgte allgemeines Augenbrauenhochziehen bei Gericht, Protokollführerin und Anwältin.
Kurz und gut: Wir haben und schlussendlich hervorragend für meine Mandantin verglichen. Die Kosten trug per Gerichtsbeschluss die Gegenseite und - was mich besonders freute - zu einem sportlichen Teil auch die Hausverwaltung. Ich kann nur sagen: hätten sie mal jemanden gefragt, der sich damit auskennt ... vielleicht auch den beauftragten Kollegen selbst ...